@ALBUM: wunderkinder. Heinz Rudolf Kunze: Wunderkinder, 1986 Produziert von Heiner Luehrig, Peter Miklis und HRK Aufgenommen von Heiner Luehrig im Madagaskar Studio Hannover, Juni/Juli 1986 HRK: Gesang, akustische Gitarre,Synthesizer, Piano Heiner Luehrig: Elektrische und akustische Gitarren, Synthesizer Joshi Kappl: Bass, Gesang Peter Miklis: Schlagzeug, Percussion, Gesang Gaeste: Thomas Bauer: Orgel, Synthesizer, Altsax, Sopransax Martin Huch: Pedal Steel Guitar, Lap Steel Guitar Franz-Josef von der Lieck: Trompete gino Lattuca: Trompete Reto Mandelkow: Baritonsax Juergen Miekel: Tenorsax (Die Jericho Horns) Martin Doepke: Blaeser-Arrangements Es geschieht niemals ein Wunder. "Wunder" ist eine Kategorie des Erkennens. -Ludwig Hohl @SONG: Wunderkinder Als wir klein warn, war das Allermeiste sonnenklar unsre Mutter war die beste, unser Vater war ein Star beide hatten mit den eigenen Haenden Deutschland aufgebaut und das wurde dann von Gastarbeitern Stueck fuer Stueck versaut Ja, die Russen waren boese und die Amis waren gut insgeheim war man noch Nazi, doch da fehlte bisschen Mut aber letzlich waren solche Fragen allen scheissegal denn am Ende jedes Monats stand die fette schwarze Zahl Wir sind die Wunderkinder wir sind die Wunderkinder Als sie Vietnam verbrannten, warn wir in der Pubertaet nichts war wichtiger fuer uns als was in der BRAVO steht als sie Panzer und Kanonen parkten rundherum um Prag war nur der ein wahrer Freund fuer uns, der Beckenbauer mag Ploetzlich wehte um die Nase neuer Wind mit Namen Brandt Vater Mutter und die Lehrer schrien: Der muss an die Wand doch sein kleines bisschen Feuer wurde ziemlich schnell erstickt Bananenrepublik - vernagelt und geflickt Wir sind die Wunderkinder wir fall'n immer auf die Fuesse - nur wer Schuld hat, steht im Dreck wir sind die Wunderkinder aber jemand zieht den Boden unter unsern Fuessen weg Heute wird in unsern Reihen junges Deutschland nachgeborn Vater hat mit 55 seinen Arbeitsplatz verlorn Mutter träumt, sie wäre 20 und sie finge nochmal an und sie kriegte jetzt tatsächlich ihren Cowboy als Mann In den Mehrzweckhallen ahnt man: Es hat alles keinen Zweck die Pastoren in den leeren Kirchen wuenschen sich weit weg unser Kanzler braucht Soldaten, weiss von nichts und wird verklagt unser Deo und der ganze alte Zauber hat versagt Wir sind die Wunderkinder wir haben unser Leben lang das Leben angestaunt wir sind die Wunderkinder auif Kosten weit Entfernter gut genaehrt und gut gelaunt wir sind die Wunderkinder wir haben kein Zuhause mehr, die Naechte werden kalt wir sind die Wunderkinder wir werden auch viel schneller an die andern Kinder alt Text: H. R. Kunze Musik: H. Luerig / H. R. Kunze @SONG: Das All ist deutsch Sie sind gelandet mein Schwager hats mir erzaehlt nicht in Nevada sie haben Deutschland gewaehlt Sie sind gelandet und er hat fotografiert endlich gelandet und ihm ist gar nichts passiert 36 Bilder von Bielefeld bei Nacht ein leerer Himmel druebergebeugt 36 Bilder hat er mitgebracht die haben mich restlos ueberzeugt: DAS ALL IST DEUTSCH Sie sind gelandet in einer Kugel aus Licht perfekte Tarnung auf Fotos sieht man sie nicht Mein Schwager war nicht betrunken er war bestimmt nicht von Sinnen er sagt, wir koennten mit ihnen den dritten Weltkrieg gewinnen. 36 Bilder von Bielefeld bei Nacht ein leerer Himmel druebergebeugt 36 Bilder hat er mitgebracht die haben mich restlos ueberzeugt: DAS ALL IST DEUTSCH Sie sind gelandet sie sind genauso wie wir sie sind gelandet und es gefaellt ihnen hier das All ist deutsch... Text: H. R. Kunze Musik: H. Luerig @SONG: Mit Leib und Seele Viel zu viele Hoehenfluege ohne dich leichtes Spiel und leichte Siege ohne dich Kennst du mich noch? Willst du mich sehen? Nach all der Zeit immer noch verstehn? Mit Leib und Seele zurueck zu dir bin weit gekommen doch was soll ich hier mit Leib und Seele zu dir zurueck nichts fehlt mir so wie du zu meinem Glueck Jeden Auftrag ohne Zoegern ausgefuehrt fuehl mich manchmal wie von innen unrasiert Leg deine Hand auf meine Augen dir kann ich traun fuehr mich nachhaus Mit Leib und Seele zurueck zu dir bin weit gekommen doch was soll ich hier mit Leib und Seele zu dir zurueck nichts fehlt mir so wie du zu meinem Glueck Mit Leib und Seele zurueck zu dir bin weit gekommen doch was soll ich hier zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel ich will mehr von dir als dieses Spiel Manchmal im Traum faengst du das Einhorn still legst den Kopf in deinen Schoß Mit Leib und Seele zurueck zu dir bin weit gekommen doch was soll ich hier mit Leib und Seele zu dir zurueck nichts fehlt mir so wie du zu meinem Glueck Mit Leib und Seele zurueck zu dir bin weit gekommen doch was soll ich hier zum Leben zu wenig und zum Sterben zuviel ich will mehr von dir als dieses Spiel Text: H. R. Kunze Musik: H. Luerig @SONG: Finden Sie Mabel Ich hab ein Foto dabei: Die zweite von links, das ist sie Wir sind seit Jahren verlobt, mit all den andern verlobt sie sich nie Sieht sie nicht wundervoll aus? Dieser Mund, dieser Blick, dieses Haar Ich hab schon immer gewusst, dass ich noch niemals ihr Einziger war Dass sie nicht gut fuer mich ist, dass sie mich umbringt, ich weiss es genau Doch wenn ich sterben muss, dann nur durch die Hand dieser goettlichen Frau Marlowe, ich fleh Sie an, Marlowe, finden Sie Mabel Es koste was es wolle, Geld spielt keine Rolle dabei Marlowe, ich fleh Sie an, Marlowe, finden Sie Mabel Sagen Sie ihr, dass ich alles vergess und verzeih Das letzte Mal sass sie fest als Zimmermaedchen im tiefsten Hawaii Sie hatte weder Papiere noch das Geld fuer den Rueckflug dabei Sie hat mein Leben zerstoert, doch ich hab endlich gemerkt, ich bin weich Sie hat mein Herz durchgebracht, doch jeder Scheck, den Sie nimmt, macht mich reich Marlowe, ich fleh Sie an, Marlowe, finden Sie Mabel Sagen Sie ihr, dass ich all ihre Schulden bezahl Marlowe, ich fleh Sie an, Marlowe, finden Sie Mabel Tun Sie ihr nicht weh. Mabel, wir versuchen's nochmal Ihnen waere sowas sicher nie passiert Keine Frau hat je in Marlowes Drink gerührt Leih mir deinen Mantel, Marlowe Nur fuer eine Nacht (Nach Motiven von Raymond Chandler und Dashiell Hammett) Text: H. R. Kunze Musik: H. Luerig @SONG: Kadaverstern Fuer euch bin ich gestorben und muss in jedem Kaefig wiederauferstehn mein Auge hat geleuchtet und keiner hat in dem Moment hineingesehn Fuer euch bin ich gestorben ganz langsam, doch der Schornstein hat nur kurz geraucht kein Mond, um dran zu heulen ich hab nur nackte Neonroehren angefaucht Fuer mich ist taeglich Treblinka, Soweto und My Lai fuer mich ist taeglich Golgatha und nie der Krieg vorbei Fuer euch bin ich gestorben damit ihr euer krankes Leben ueberlebt wie koennt ihr bloss ertragen dass ihr mir von Geburt an keine Chance gebt Fuer euch bin ich gestorben und ueber euch haengt immer dieser Brandgeruch ihr nennt das Weltgeschichte ihr seid bis heute selber nur ein Tierversuch Jetzt schnapp ich nach dem Abfall vom reichen Tisch des Herrn da irgendwo weit oben auf dem Kadaverstern Text: H. R. Kunze Musik: H. Luerig @SONG: Ganz nah dran Ein Laecheln im Vorbeigehn ein bleicher Leopard das Licht ist gelb und gierig die Luft ist heiss und hart zwei Blicke unter Feuer zwei Haeute unter Strom vier Haende voller Hunger und ein Himmel wie ein Dom Wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran lass es klingeln gehn nicht dran wir sind doch ganz nah dran Schon so viel Zeit verloren schon so viel Mut vergafft wir haben uns gefunden mit allerletzter Kraft das Leben ist ein Abhang der Film laeuft viel zu schnell doch mein Mund ist warm und dunkel deine Haute ist hell Wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran lass es klingeln gehn nicht dran wir sind doch ganz nah dran Ertrunkene Gesichter hinter allen Windschutzscheiben Wer hat jetzt noch Reserven? Wer erinnert sich an mich? Du willst jetzt nicht mehr hinter deiner Sonnenbrille bleiben du schreist wildfremde Leute an: Ich liebe dich Wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran lass es klingeln gehn nicht dran wir sind doch ganz nah dran In diesem Land wo jeder halb Gesunde morgens ueberlegt: Geh ich zur Arbeit oder spring ich aus dem Fenster? In diesem Land wo jeder Hund sein eignes Reh zutodehetzt und jedes Denkmal ist ein Leuchtturm fuer Gespenster da sind wir ganz nah dran In diesem Land wo man sich fuehlt als waer man vakuumverrpackt und das Verwendungsdatum ist laengst abgelaufen in diesem Land drueckt man den Kindern kalte Kissen ins Gesicht und gibt den Mittelklassewagen Blut zu saufen doch wir sind ganz nah dran Wie schwer es werden wuerde hat man vorher gewusst die moerderische Reise in ein Land aus Lust Wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran wir sind doch ganz nah dran lass es klingeln gehn nicht dran wir sind doch ganz nah dran Text: H. R. Kunze Musik: H. Luerig @SONG: In der Sprache die sie verstehn Sie schliessen ihre Blutsaugerbanken sie riegeln unsre Seehaefen ab sie wissen, was der Mensch zum Leben braucht, wird genauso schnell wie Zukunft knapp Sie gehen in der Nacht ausser Landes die Koffer voll von unserem Geld ihre Freunde drucken Luegen, doch sie wissen, sie sind Diebe in den Augen der ganzen Welt Sie trainieren ihre hungrigsten Truppen an der Grenze von Hon-du-ras kein Tag frei und keine Frauen, dazu jede Nacht Alarm, sie pumpen jeden Mann voll Hass Die Moerder unsrer wehrlosen Kinder sind von ihnen in Dollar bezahlt unser wehrloser Sieg wird an den Boersen des Bluts in den duesteren Farben gemalt Wie lange wolln wir noch warten, wie weit sie wirklich gehn reden wir endlich in der einzigen Sprache mit ihnen, die sie verstehn Wenn wirs wagen, einen Bischof zu fragen, ob die Bibel nur am Sonntag spielt, sind wir Moskaus rote Knechte, jeder Schritt von uns ein Schuss, in das Herz der freien Welt gezielt Wie lange wolln wir noch warten, kein Wunder wird geschehn der Tod ist fuer immer, doch der Tod ist nicht schlimmer als ihren Sieg zu sehn Wie lange wolln wir noch warten, wie weit sie wirklich gehn reden wir endlich in der einzigen Sprache mit ihnen, die sie verstehn In der Sprache die sie verstehn Text: H. R. Kunze Musik: H. R. Kunze / H. Luerig @SONG: In der Lobby ist noch Licht Versteht sich, Herr Direktor, umgehend und diskret, in einer Woche ha'm wir die soweit Das Parlament pariert, der Ausschuss funktioniert, bloss die Experten kosten eine Kleinigkeit Die Akten sind bei X, und X wird naechst Woche von allen seinen Aemtern suspendiert Danach gibt die Fraktion den Terroristen einen Tip wenn die das regeln, laeuft das wie geschmiert Mitten in der Nacht, in der Lobby ist noch Licht, die Dunkelmaenner machen Politik Realos tragen Rolex, Realos schlafen nicht, die Lobby ist der Fuehrerbunker im Kontenkrieg Versteht sich, Herr Direktor, wo kaemen wir da hin, wir sichern schliesslich aud die Arbeitsplaetze Die Marktwirtschaft ist frei! Der Wettbewerb ist hart! Was brauchen wir da haertere Gesetze? Unsre Kinder werden uns noch dankbar sein. Wir taten mit Bedauern, was wir mussten. Sie hocken vor dem Bildschirm, Taschenrechner in der Hand und kichern vor Vergnuegen bei Verlusten Mitten in der Nacht, in der Lobby ist noch Licht, die Dunkelmaenner machen Politik Realos tragen Rolex, Realos schlafen nicht, die Lobby ist der Fuehrerbunker im Kontenkrieg, Die Landschaftspfleger waschen Kohle vor jedem Sieg... Text und Musik: H. R. Kunze @SONG: Der Schlaf der Vernunft Ein Koenig unter Blinden sieht nichts was ihm gefaellt sein Auge sendet Feuer in jeden Teil der Welt es kriechen sein Knechte geblendet durch den Staub ich weiss nicht wo ich hingehoer ich weiss nicht was ich glaub Die Dummen und die Boesen im Paradies vereint man laesst uns nicht mal mehr das Recht auf unsern wahren Feind ein Koenig unter Blinden reitet uns voran der ganze Wahnsinn dieser Welt in diesem einem Mann Egal wie weit ich fahre nirgends Unterkunft wie viele tausend Jahre dauert der Schlaf der Vernunft Ein unsichtbares Fieber der Tod kommt mit dem Wind Geliebte ich verschweig dir besser wo die Blumen sind der Koenig unter Blinden missbraucht sogar das Licht uns darf er nicht niemals finden nein uns bekommt er nicht Man moechte wie ein kleines Kind DAS GILT NICHT schrein man moechte heute lieber nicht geboren sein Egal wie weit ich fahre nirgends Unterkunft wie viele tausend Jahre dauert der Schlaf der Vernunft Text und Musik: H. R. Kunze @SONG: Ich brauch Dich jetzt Ich brauch dich jetzt ich hab mich ohne Ziel rund um die Uhr gehetzt und irgenwas bei mir hat wieder ausgesetzt es wird schon wieder werden, doch ich bin verletzt Ich brauch dich jetzt ich brauch kein Essen auswaerts und kein heisses Bad ich brauche keinen Drink und keinen guten Rat ich brauche jetzt ein warmes weiches Attentat Ich brauch dich jetzt ich kenn in deinem Herzen so ein Zimmer... ich brauch dich jetzt ich brauch dich immer Ich brauch dich jetzt ich glaub, so sehr hab ich dich nie zuvor gebraucht ich glaub, ich hab mir uebel den Verstand verstaucht Ich brauche jemand, der mir auf die Brille haucht Ich brauch dich jetzt ich brauche deine Hand auf meinen weichen Knien wie gnadenlos die Jahre uns zu Boden ziehn wie selten, dass wir mutig zueinanderfliehn Ich brauch dich jetzt ich kenn in deinem Herzen so ein Zimmer... ich brauch dich jetzt ich brauch dich immer Wir haben uns von Anfang an nicht allzuviel geschworen wir sind uns nun schon lange taeglich treu wir gehn uns aus den Augen, doch wir gehn uns nie verloren der Abschied macht uns immer wieder neu Ich brauch dich jetzt ich kenn in deinem Herzen so ein Zimmer... ich brauch dich jetzt ich brauch dich immer Text und Musik: H. R. Kunze